Mechanische Simulation im Vorfeld anspruchsvoller Druckmessvorhaben
STS Sensors: Ingenieurwissenschaftliche Methoden und moderne Technologien ermöglichen es Herstellern, Druckmessumformer so zu konstruieren, dass sie den Anforderungen der Praxis gerecht werden. Das ist besonders im Hinblick auf anspruchsvolle Anwendungen unerlässlich.
Bei der Erschließung von Offshore-Ölfeldern sind die Rahmenbedingungen denkbar schwierig. Fernab vom Festland und in grosser Tiefe werden Druckmessumformer hohen Belastungen ausgesetzt. Ein Funktionsversagen ist extrem kostspielig, da bei Versagen das Modul aus der Tiefsee geborgen und anschließend wieder installiert werden muss. Es ist essentiell, vorab verlässliche Aussagen über die Funktionstüchtigkeit unter den zu erwartenden Bedingungen zu treffen. Daher werden die einzelnen Komponenten der Druckmessumformer zunächst einer mechanischen Simulation den Umweltbedingungen in der Tiefsee ausgesetzt.
Im Rahmen der mechanischen Simulation kommt die Finite-Elemente-Methode (FEM) zum Einsatz. Dabei handelt es sich um ein gängiges numerisches Verfahren zur Untersuchung der Festigkeit von Körpern mit einer geometrisch komplexen Form. Dabei wird der zu untersuchende Festkörper, also beispielsweise das Gehäuse eines Druckmessumformers, in finite Elemente, sprich Teilkörper, aufgeteilt. Es handelt sich also um eine physikalische Modellierung mittels rechenintensiver Software, anhand derer ermittelt wird, ob die finiten Elemente und letztlich auch die Gesamtkonstruktion den zu erwartenden Kräften standhalten würde. Im Rahmen der Ölexploration geht es in erster Linie um die sehr hohen Drücke. Bei einer Meerestiefe von 2.500 Metern – keinesfalls ungewöhnlich bei diesem Anwendungsgebiet – lastet ein Druck von 250 bar auf das Gehäuse. Neben diesem Aussendruck ist auch der Prozessdruck zu berücksichtigen, der durchaus auch erheblich höher sein kann (es kann beispielsweise zu Druckspitzen kommen).
Bei der Finite-Elemente-Methode werden also noch keine fertigen Druckmessumformer auf ihre Festigkeit hin untersucht, sondern möglichst realitätsgenaue Modellierungen. Wird eine Lösung gefunden, die den Spezifikationen des Anwenders entspricht, wird das Produkt im Rahmen eines Experiments getestet – dieses findet dann nicht mehr virtuell statt. Bei einer individuellen Druckmesslösung für Anwender in der Offshore Ölförderung ist hier in erster Linie das Experiment in der Druckkammer von Bedeutung. Durch diese hyperbarischen Tests werden die Ergebnisse der Finite-Elemente-Methode validiert und die Belastungsgrenze der Komponenten oder des Gesamtsystems eruiert. So kann letztlich sichergestellt werden, das Anwender mit besonderen Anforderungen an die Sensorik ein Produkt erhalten, dass zuverlässig seinen Dienst verrichtet.
In Abbildung 2 sind die Schliffbilder zweier baugleicher Sensorgehäuse zu sehen. Das links gezeigte Gehäuse wurde keinem Druck ausgesetzt, das rechte wurde beaufschlagt mit einem Druck von 1.500 bar. Das entspricht einer Wassersäule von 15 Kilometern und damit weitaus mehr als am tiefsten Punkt der See. Durch eine Optimierung des Bauteils mittels der Finite-Elemente-Methode konnte es so modelliert werden, dass es diesem enormen Druck standhält. Zum Vergleich: Der Marianengraben als tiefster Punkt des Meeres ist 11 Kilometer tief. Druckmessungen im Marianengraben sollten damit also kein Problem darstellen. Der Sicherheitsaufschlag für die meisten Anwendungen ist hier also sehr hoch und ein zuverlässiges Funktionieren ist gewährleistet.
Weitere Anwendungsfälle der Finite-Elemente-Methode
Nicht nur für Hochdruckanwendungen sind mechanische Simulationen sinnvoll. Wie an anderer Stelle bereits beschrieben, ist die Temperatur ein wichtiger Einflussfaktor bei der piezoresistiven Druckmessung. Nehmen wir als Beispiel die Abgasleitung eines Kraftfahrzeuges. Hier herrschen sehr hohe Temperaturen, die die Grenzen eines Druckmessumformers übersteigen können. Mittels der Finite-Elemente-Methode wird in diesem Anwendungsfall also untersucht, wie der Druckmessumformer konstruiert werden muss, damit nicht mehr als 150 °C auf die Messzelle wirken.
Auch im Niederdruckbereich können mechanische Simulationen sinnvoll sein. Denn mechanische Veränderungen haben im Niederdruck viel grössere Auswirkungen: Während Messabweichungen im mbar Bereich bei einer Hochdruckanwendung kaum ausschlaggebend sein dürften, ist dies bei einem Messbereich unter einem bar bereits signifikant. Ein Beispiel: Das Verbindungselement zwischen Messchip und Gehäuse ist in der Regel ein Klebstoff. Ist das Drehmoment bei der Montage des Druckmessumformers zu hoch, könnte diese Verbindung gelöst oder auch nur geringfügig verändert werden, und es würden Verspannungen auf die Messzelle übertragen. Das kann bereits zu gravierenden Messfehlern führen. Auch die Eigenschaften des verwendeten Klebers lassen sich durch die Finite-Elemente-Methode modellieren. Ziel muss es dabei natürlich sein, nicht die Belastungsgrenze des Verbindungselements herauszufinden und dem Anwender mitzugeben, sondern eine Lösung zu finden, die alle möglichen Drehmomente während der Montage problemlos aushält.
Der Aufwand mechanischer Simulationen lohnt sich auf lange Sicht. Nicht nur können Produkte dahingehend konstruiert werden, dass sie geforderten Spezifikationen entsprechen. Dadurch wird es auch möglich, das Design dahingehend zu optimieren, dass die Produkte so anwenderfreundlich wie möglich sind.