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Durch die Lupe betrachtet

17 Juli 2015
Eine Geschichte von Alice auf der Suche nach dem Emissionsgrad

„Alles funktioniert mit Spiegeln!“

„Was sehe ich, wenn ich in meinen Spiegel schaue?“ fragt Alice. „Ich sehe mich selbst – was sonst?“

„Aber was ist mit dem Spiegel? Warum kann ich den Spiegel nicht sehen?“ grübelt sie vor sich hin. „Kann es sein, dass der Spiegel unsichtbar ist? Aber dann müsste ich doch die Wand dahinter sehen.“ Plötzlich hat sie eine Idee: „Wenn ich kleine Pünktchen aus Kreide auf den Spiegel streue, dann wird er auf einmal sichtbar!“

Sie verteilt also Kreidepünktchen auf dem Spiegel - und jetzt kann sie den Spiegel sehen. Jedenfalls dort, wo Kreide ist. „Die Kreidepünktchen sind zu Bestandteilen des Spiegels geworden - und die kann ich sehen!“

„Hm …“ grübelt sie weiter. „Aber ich kann noch immer nicht den ganzen Spiegel sehen. Alles, was ich sehen kann, sind die Pünktchen mit Kreidestaub. Dazwischen sehe ich noch immer mein Gesicht, nicht den Spiegel.“

Die ganze Zeit schon beobachtete ein geheimnisvolles weißes Kaninchen Alice ganz vorsichtig. „Du hast es fast geschafft meine Liebe. Nur noch ein klein wenig weiter und du wirst wissen, was der Emissionsgrad bedeutet.“

„Emissionsgrad?“ wundert sich Alice. „Was ist das?“

Das Kaninchen ist nicht nur geduldig sondern auch ein Spezialist in Sachen Licht und Wärmestrahlung: „Alice, was siehst du in deinem Spiegel?“

„Wieso?“ fragt sie. „Dort, wo Kreidepünktchen sind, sehe ich den Spiegel und dort, wo keine sind, sehe ich mein Spiegelbild.“

„Natürlich“, stimmt das Kaninchen zu. „Du kannst den sichtbaren Teil des Spiegels als Kreidestaub sehen, aber den Rest – wir könnten ihn ‚Nicht-Spiegel‘ nennen – kannst Du nicht sehen, weil er reflektiert.“

„Heißt das, dass das Licht von der ‚Nicht-Spiegel‘-Fläche einfach zurückgeworfen wird?“ fragt Alice.

„Ja, natürlich, du kommst langsam drauf!“ ruft das Kaninchen. „Und - was ist mit den Kreidepünktchen? Werfen die das Licht zurück?“

„Nein!“ sagt Alice. „Ich sehe sie als das, was sie wirklich sind: der Spiegel selbst und nicht mein Gesicht.“

„Ausgezeichnet!“ ruft das Kaninchen. „Was wäre jetzt, wenn wir alle Kreidepünktchen zusammenzählten um dann auszurechnen, welcher Anteil des Spiegels bedeckt ist? Wir nehmen mal an, dass wir dabei auf etwa 10 % der Fläche kommen. Was könnte das bedeuten?“

„Hmm …“ brummelt Alice, und fühlt sich richtig gut, weil sie immer ihre Mathe-Aufgaben gemacht hat. „Das bedeutet, dass ich 10 % des Spiegels sehe!“

„Und …?“, ermuntert das Kaninchen. „Und - dass 90 % übrig sind, um mein Spiegelbild zu sehen?“ ruft Alice.

„Genau richtig“, stellt das Kaninchen in einer Stimmlage höchster Autorität fest. „Jetzt hast Du ein grundlegendes Prinzip erkannt: Wenn du auf eine Oberfläche schaust, dann ist die Summe von dem, was du siehst, und dem, was du nicht siehst, 100 %.“

„Und …“, kichert Alice in der Erwartung dessen, was jetzt wohl kommen mag. (Du siehst, Alice ist ein ziemlich schlaues Mädchen.)

„Und …“, sagt das Kaninchen. „Der Teil, den du nicht sehen kannst, wird durch Reflexion ersetzt. Was du siehst ist nicht das Objekt selbst. Der fehlende - nicht-sichtbare - Teil wird durch eine Reflexion ersetzt, die man sehen kann. Wie du siehst, Alice, besteht die Natur darauf, dass du dann, wenn etwas nicht-sichtbar ist, du eben etwas anderes sehen musst!“

„Wow!“ denkt Alice. „Ich wundere mich nur, wie Mutter Natur wissen kann, wann sie was wie zu machen hat.“ Aber dann fragt sie: „Was passiert, wenn ich 90 % der Spiegelfläche mit Kreidepünktchen bedecke?“

„Nun, denn – wieviel ist übrig zum Reflektieren?“ fragt das Kaninchen.

„Ist doch klar“, sagt Alice, „ nur noch 10 %.“

„Genau. Die Natur besteht darauf, dass die Summe von Spiegel und Nicht-Spiegel zusammen 100 % ergibt“, erklärt das Kaninchen.

Plötzlich hat Alice noch eine andere Idee: „ Was ist, wenn ich den Spiegel vollständig sehen möchte? Muss ich dann die spiegelnde Fläche komplett mit Kreidepünktchen bedecken?“

„Das ist eine Möglichkeit“, sagt das Kaninchen als ob es ihre Gedanken lesen könnte. „Aber da gibt es eine viel bessere Methode, besonders wenn Du den Spiegel nicht irritieren willst.“ Alice ist etwas verwirrt darüber, dass sie, um 100 % des Spiegels zu sehen 0 % Nicht-Spiegel sehen müsste. Dann würde sie ja gar nichts mehr von sich selbst sehen.

„Alles funktioniert mit Spiegeln!“ erklärt das Kaninchen mit einem zwinkernden Auge. Dann formt es aus Metall einen hohlen, glänzenden Ball (womit bestätigt ist, dass weiße Kaninchen nicht nur schlau sind, sondern auch zaubern können). Schließlich teilt es den Ball in zwei gleiche Hälften und macht in eine davon mittig ein kleines Loch.

„Warum jetzt das? Der Spiegel ist ja rund!“ ruft Alice und schielt durch das Loch hinein. „Genau!“ bestätigt das Kaninchen und schiebt ihn über den ebenen Spiegel mit 10 % Kreidepünktchen darauf. „Jetzt schau rein, Alice, und erzähle mir, was Du siehst.“

Alice peilt vorsichtig durch das Loch und ist völlig perplex. „Ich sehe die ganze Fläche wie mit Kreidestaub bedeckt!“ ruft sie.

Sie traut ihren Augen nicht. Ganz schnell nimmt sie die verspiegelte Halbkugel wieder weg und schaut auf den ebenen Spiegel. Er ist derselbe wie vorher! 90 % der Fläche reflektiert die Lichtstrahlen von ihrem Gesicht, und 10 % sind mit Kreidepünktchen bedeckt. Vorsichtig schiebt sie erneut die Halbkugel über den Spiegel und schaut durch die kleine Öffnung. „Ich wette, du hast wieder gezaubert. Gib‘s zu!“

„Nein“, sagt das Kaninchen sehr freundlich. „Es ist die Natur der Dinge, die dich 100 % des Spiegels sehen lassen, obwohl du ohne Halbkugel nur 10 % sehen kannst.“

„Die reflektierenden 90 % des Spiegels reflektieren natürlich auch weiterhin. Allerdings: Das Licht, das reflektiert werden kann, kommt ausschließlich von den Kreidepünktchen. Das Licht von den Kreidepünktchen wird von der verspiegelten Halbkugel wieder auf den Spiegel zurück-geworfen. Wenn es dann auf den reflektierenden Teil der Oberfläche trifft, wird es wieder zurück in die Halbkugel geworfen und dann wieder zurück auf den Spiegel. Manchmal fällt das reflektierte Licht auch auf eins dieser Kreidepünktchen. Dann wird es dort absorbiert und nicht mehr reflektiert.“

„Wenn du durch das Loch schaust, siehst du das Ergebnis von unendlich vielen Reflexionen und Absorptionen von Licht. Die reflektierende Fläche des Spiegels ist völlig bedeckt, allerdings nicht von Kreidepünktchen selbst, sondern von den Reflexionen der Kreidepünktchen!“

„Und deshalb, meine liebe Alice, siehst du 100 % von den Kreidepünktchen bzw. dem Spiegel und 0 % von irgendetwas anderem. Denn wenn wir 100 % von irgendetwas haben, dann können wir nur 0 % von nicht-irgendetwas haben“, beendet das weiße Kaninchen seine lange Rede.

Alice braucht jetzt erstmal eine Pause. Dann fragt sie: „Was hat das alles mit dem Emissionsgrad zu tun? Du hast doch gesagt, ich wäre auf gutem Wege, das zu verstehen.“

„Nun“, beginnt das Kaninchen erneut. „Lichtstrahlung und Wärmestrahlung sind dasselbe. Beide folgen genau den gleichen Gesetzmäßigkeiten. Der Unterschied ist, dass du Wärmestrahlung – also Infrarotstrahlung – mit deinen Augen nicht immer sehen kannst. Du kannst sie manchmal fühlen, wenn Du z.B. deine Hände nahe an einen heißen Ofen hältst. In den meisten Fällen braucht man dazu aber ein empfindliches Messgerät wie den Microscanner™.

Wärmestrahlung. Der Anteil der Strahlung, der durch die eigene Temperatur verursacht wird, wird durch den Emissionsgrad bestimmt. Der Anteil der Strahlung, der durch die Reflexion von Strahlung anderer Objekte in der Umgebung verursacht wird, wird durch den Reflexionsgrad bestimmt.“

„Genau wie bei deinem Spiegel mit Kreidepünktchen besteht die Natur darauf, dass Emissionsgrad und Reflexionsgrad zusammen 1,0 ergeben. Wenn eine Oberfläche einen Emissionsgrad von 0,8 hat, dann bedeutet das, dass 80 % der Fläche Wärme zu 100 % abstrahlen. Die restlichen 0,2 bleiben für den Reflexionsgrad und bedeuten, dass auf 20 % der Fläche einfallende Wärmestrahlung zu 100 % reflektiert wird.“

„Du siehst also, Alice, der Emissionsgrad ist kein Mysterium. Er ist einfach der Anteil der Oberfläche, den du sehen kannst“, schließt das Kaninchen.

„Ich verstehe!“ sagt Alice, „aber was ist mit dieser Halbkugel mit der glänzenden Oberfläche innen drin? Wie funktioniert das im Infraroten?“

„Warum? - Das ist eine sehr, sehr gute Frage, Alice.“ antwortet das Kaninchen und fährt mit seinen Erklärungen fort.

„Eine mögliche Verwendung für Infrarotstrahlung ist die Bestimmung von Oberflächentemperaturen – und zwar viel viel schneller, als man es mit anderen Methoden machen könnte. Allerdings gab es da bisher dieses ärgerliche Problem mit dem Emissionsgrad.“

„Die Entwickler von Exergen haben sich mit diesem Problem sehr tiefgreifend beschäftigt. Ihre Kunden konnten nämlich niemals sicher sein, wie groß der Emissionsgrad einer bestimmten Oberfläche ist.“

„Weißt du, Alice, wenn ein hochgenaues Messgerät auf eine Oberfläche ‚schaut‘, sieht es genau das, was auch deine Augen sehen: eine Mischung aus emittierter und reflektierter Strahlung. Ohne zu wissen wie viele ‚Kreidepünktchen’ auf der Oberfläche sind und was reflektiert wird, kann es die Temperatur der Oberfläche nicht genau bestimmen.“

„Was du wirklich wissen musst, um die Temperatur zu bestimmen, ist der Mittelwert der Wärmestrahlung, die von den Kreidepünktchen abgestrahlt wird – denn sie sind die wirkliche Oberfläche. Der reflektierende Anteil der Oberfläche sagt dir nur, dass die Fläche reflektiert – aber nicht was sie ist.“

„Deshalb hatten die Entwickler bei Exergen eine wirklich schlaue Idee, als sie die Microscanner™ der D-Serie mit innen verspiegelter Halbkugel konstruierten! Sie nannten das dann Automatic Emissivity Compensation System (AECS) – zugegeben reichlich kompliziert. Die meisten Leute sagen einfach ‚reflektierende Schale‘ dazu.“

„Siehst Du, Alice, die glänzende, reflektierende Schale hat bei der D-Serie genau denselben Effekt, den du mit deinem Spiegel gesehen hast. Nur dass statt deiner Augen ein empfindlicher Sensor durch das Loch schaut.“

„Die Wärmestrahlung der Kreidepünktchen wird gespiegelt und zurückgespiegelt bis 100 % der Fläche mit der Strahlung der Pünktchen bedeckt ist. Dann sieht der Sensor 100 % Pünktchen und 0 % Nicht-Pünktchen. Und dann ist der Emissionsgrad gleich 1,0.“

„Wenn der Emissionsgrad 1,0 beträgt, Alice, dann kann die Elektronik in den Microscannern der D-Serie die Temperatur einer Oberfläche sehr genau berechnen“, beschließt das Kaninchen seinen Vortrag.

„Nun, das hätte ich nie gedacht!“ sagt Alice. „Jetzt weiß ich, was Emissionsgrad bedeutet und wie ich damit umgehen muss! Falls jemals irgendjemand fragt, warum die Microscanner™ D-Serie so wunderbar funktioniert, kann ich es ihm sagen:

„Alles funktioniert mit Spiegeln!“

Autor:
Dr. Frank Pompei, Geschäftsführer der Exergen Global, Watertown USA

Über die Exergen Corporation und Exergen Global
Die Exergen Corporation, das führende Unternehmen im Bereich berührungsloser Temperatur-Messtechnologien für industrielle und medizinische Anwendungen, liefert nichtinvasive Temperaturmessgeräte zu niedrigeren Kosten, mit höherer Genauigkeit, weniger Prozessbeeinflussung und höherer Zuverlässigkeit als bisher möglich. Durch sein preisgekröntes Arterien-Thermometer ist Exergen sowohl im Gesundheitswesen als auch im Endverbrauchermarkt bekannt. Das Unternehmen wurde von dem Harvard-Forscher Dr. Francesco Pompei gegründet, der über 70 Patente hält. Die Exergen Corporation hat ihren Sitz in Watertown, Massachusetts, USA.

Exergen Global ist ein weltweit agierender Anbieter von Lösungen im Bereich berührungsloser Infrarot-Temperatursensoren der Exergen Corporation. Exergen nutzt den einmaligen Prozess Sensoranics™, um die Zusammenarbeit zwischen Entwicklern im Maschinenbau, neusten Entwicklungen im Bereich der Infrarot-Temperatursensoren und – nicht zu vergessen – das tiefere Verständnis thermischer Prozesse voranzutreiben und das zusammengetragene Wissen anzuwenden.

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