Farbmessung von Rezyklaten
Damit es beim Einsatz von Kunststoffrezyklaten nicht zu bunt wird
Sensor Instruments: Seit Jahren nimmt die Masse an wiederverwertbarem Plastikmüll stetig zu. Das liegt zum einen am technischen Fortschritt bei der Aufbereitung sowie der Sortierung von Kunststoffabfällen und zum anderen auch an den Recyclingzielen der EU, bis 2025 die gesetzlich vorgeschriebene Recyclingquote von Kunststoffverpackungen auf 50% und bis 2030 auf 55% zu erhöhen. Zudem steigen auch die Anforderungen an die mittels Recyclingprozess gewonnenen Rezyklate. Neben der Kunststoffart und des vormaligen Einsatzzwecks spielt auch die Farbe des Rezyklats zunehmend eine wichtige Rolle.
Wiederverwertung und Rückgewinnung von Rohstoffen sind mittlerweile die bestimmenden Themen innerhalb der Kunststoffindustrie. Bei den Recyclingunternehmen wächst dabei der technische Aufwand, diese Quoten zu erreichen und zu halten, überproportional an. Auch seitens der Konsumenten werden die Erwartungen an eine qualitativ hochwertige und optisch einwandfreie recycelte Kunststoffverpackung immer höher. Gerade beim optischen Erscheinungsbild der Verpackung legt der Verbraucher Wert auf Kontinuität und Homogenität. Kleine Farb- oder Helligkeitsunterschiede von Verpackung zu Verpackung können dabei vom jeweiligen Betrachter recht gut festgestellt werden. In den allermeisten Fällen wird seitens des Konsumenten dabei von der Qualität der Verpackung auf den Inhalt der Verpackung geschlossen: stimmt die Verpackung nicht, stimmt auch das Produkt nicht.
Verfahrenstechnisch ist es bei Verwendung von jungfräulichem Kunststoffgranulat relativ einfach, den Farbwert einer Verpackung konstant zu halten, wird doch der Prozess der Farbhomogenität von den Masterbatch-produzenten recht gut beherrscht. Technisch ausgereifte Dosiereinheiten mischen dabei Masterbatch und Grundgranulat im empirisch ermittelten, optimalen Verhältnis. Die minimalen Farbabweichungen von Verpackung zu Verpackung sind so mit dem bloßen Auge nicht mehr wahrzunehmen. Der in der Fachwelt verwendete Begriff dE (Abstand zweier Farbwerte im L*a*b*-Farbraum) liegt dabei unterhalb von 1.
Mit Hilfe der Farbsortierung während der Trennung des Recyclingstroms wird nun versucht, die Farbe des Kunststoffrezyklates konstant zu halten. Damit die Toleranzgrenzen beim Farbwert nicht verlassen werden, ist jedoch eine ständige Produktüberwachung in Hinblick auf die Farbe erforderlich. Das im Folgenden beschriebene Laborgerät SPECTRO-3-0°/45°-MSM-LAB-ANA-P der Firma Sensor Instruments GmbH soll dabei helfen, den Farbverlauf der Rezyklate zu überwachen und zu dokumentieren. Die Idee dabei ist, dem Rezyklatstrom in regelmäßigen Abständen Proben zu entnehmen und diese dann dem Laborfarbmesssystem zuzuführen. Das Gerät zeigt dabei neben dem Farbwert L*a*b* auch dessen Abweichung zu einem Referenzfarbwert dL*da*db* an. Ferner wird jede Probe dokumentiert und diese kann anschließend mit einem Etikett, das auf das jeweilige Datum, die Uhrzeit sowie den L*a*b*- und dL*da*db*-Wert hinweist, versehen werden.
Das Messprinzip
Als Basis für die Farbmessung dient hierbei die sog. 0°/45°-Methode, dabei wird die Rezyklatprobe unter 0° beleuchtet und unter 45° beobachtet. Das Rezyklat ist während der Messung hinter einer Glasscheibe angeordnet, der Abstand vom Sensorkopf zum Rezyklat ist somit konstant. Beleuchtet und beobachtet wird damit eine Rezyklat-fläche mit einem Durchmesser von ca. 20mm, dadurch wird eine ausreichend hohe optische Mittelung erreicht, wodurch die leicht differierende Lage der Pellets von Messung zu Messung keinen merklichen Einfluss mehr auf das Messergebnis hat. Zwei Komponenten bilden im Wesentlichen das Messsystem: Das ist zum einen die eigentliche Auswerteeinheit mit integriertem Mikroprozessor, Elektronik samt Optoelektronik sowie elektrischem und optomechanischem Interface. Zum anderen das optische Frontend, das mit der Auswerteeinheit über zwei Lichtleiterstränge verbunden ist. Das Farbmesssystem verfügt über eine RS232 Schnittstelle, mittels RS232/USB-Konverter ist die Farbauswerteeinheit dabei mit einem im System integrierten Panel-PC verbunden. Mittels Trichtereinheit wird das Kunststoffrezyklat dichtest gepackt vor der 15mm dicken Glasscheibe, die den Innenbereich vom Außenbereich trennt, platziert. Nach erfolgter Messung wird das Kunststoffrezyklat mittels Betätigung des mechanischen Schiebers wieder in den Probenentnahmebehälter gefüllt. Zum Kalibrieren des Messsystems werden RAL-Kunststoffkarten verwendet, dabei sollte darauf geachtet werden, dass die zum Einsatz kommenden Karten farblich visuell in etwa mit den Pelletsproben übereinstimmen. Hierzu wird der Trichter vom Messsystem entfernt und die Karten können anschließend der Reihe nach in die dafür vorgesehene Öffnung eingeführt werden. Mittels SPECTRO3 MSM DOCAL Scope V1.0 Software wird der Bediener des Messsystems durch den Kalibriervorgang geleitet.
Das Messsystem
Im Wesentlichen besteht das Farbmesssystem aus den folgenden Komponenten:
- Auswerteeinheit (Panel-PC, Sensorik, Kalibrierkarten-aufnahme, Halterung für die Proben-aufnahme mit Schauglas, Schieber, +24V-Netzteil, USB-Schnittstellen, EIN/AUS-Schalter, Ethernet-Schnittstelle)
- Etikettendrucker
- Pelletsprobenbehälter
- RAL-Kunststoffkarten
- Tastatur und Maus
Die Kalibrierkartenaufnahmeeinheit ohne Rezyklataufnahmeeinheit
Die seitlich am Edelstahlgehäuse angebrachte Kalibrierkartenaufnahme-einheit ermöglicht ein Kalibrieren der Farbsensorik auf die jeweilige Kalibrierkarte. Die Glasplatte befindet sich dabei unmittelbar vor der Kalibrierkarte und zwischen Kalibrierkarte und Farbsensorik. Die RAL-Kunststoffkarten werden standardmäßig nach dem d/8°-Verfahren gemessen und sind auf der Kartenhülle mit einem entsprechenden Aufdruck versehen. Zusätzlich werden die Kalibrierkarten von Sensor Instruments nach dem 45°/0°-Verfahren gemessen. Ein entsprechendes Label ist sowohl an den Kalibrierkarten als auch an der Hülle angebracht.
Nach dem Kalibrieren der Sensorik auf die infrage kommenden RAL-Kunststoffkarten kann die Rezyklataufnahme-einheit an die Kalibrierkartenaufnahmeeinheit angeflanscht werden.
Die Kalibrierkartenaufnahmeeinheit mit Rezyklataufnahmeeinheit
Nachdem die Rezyklataufnahmeeinheit an die Kalibrierkartenaufnahmeeinheit angeflanscht worden ist kann das Kunststoffrezyklat über den in der Rezyklat-aufnahmeeinheit angebrachten Trichter zugeführt werden. Das Rezyklat kann dabei über die in der Pelletsaufnahmeeinheit integrierten Schaugläser betrachtet werden. Zudem füllen die Kunststoffpellets den Innenraum zwischen Glasplatte und Rezyklataufnahmeeinheit nahezu voll-ständig auf. Die Pellets liegen somit dichtest gepackt an der zur Rezyklatufnahmeeinheit weisenden Glasoberfläche an.
Die Kalibrierkarten
Als Kalibrierkarten werden RAL-Kunststoffkarten verwendet. Da diese nach der d/8°-Methode (diffus beleuchtet und unter 8° zur Normalen betrachtet) werksseitig (RAL gemeinnützige GmbH, Bonn) vermessen wurden, die im Laborfarbmesssystem benutzte Farb-sensorik hingegen auf der 0°/45°-Messmethode basiert, wurden die verfügbaren RAL-Kunststoffkarten von Sensor Instruments nach der 45°/0°-Messmethode mittels kalibriertem Handgerät nachgemessen; die entsprechenden L*a*b*-Werte wurden mittels Label anschließend an den jeweiligen Karten sowie Kartenhüllen angebracht. Zudem wurde ein File erstellt, dabei wurde eine Zuordnung der RAL-Nummern in Hinblick auf die dazu passenden L*a*b*-Werte vorgenommen.
Pelletsprobenbehälter und Rezyklate
Für die jeweiligen zu untersuchenden Rezyklate stehen Pelletsprobenbehälter zur Verfügung, die von den Abmessungen her so ausgewählt wurden, dass diese sowohl in die in der Kalibrierkartenaufnahmeeinheit vorhandenen Probenhalterung passen und zudem die Rezyklatmenge in den Probenbehältern mit dem Volumen der Rezyklataufnahmeeinheit übereinstimmt. Zur Kalibrierung des Farbmesssystems wird empfohlen, RAL-Kunststoffkarten zu verwenden, die visuell farblich den jeweiligen Rezyklatproben ähneln.
Kalibrieren der Auswerteeinheit
Bevor mit dem Messen begonnen werden kann, muss zunächst eine Kalibrierung der Farbauswerte-einheit erfolgen. Kalibriert wird dabei mit Hilfe der RAL-Kunststoffkarten. Neben der Kalibrierung auf eine weiße Kalibrier-karte (Weißabgleich), beispielsweise mit Hilfe der RAL-Kunststoffkarte RAL9003-P, sollten zur Kalibrierung nach Möglichkeit RAL-Kunststoff-karten zum Einsatz kommen, die farblich visuell den zu untersuchenden Rezyklaten ähneln.
Mittels Windows®-Software wird man durch den Kalibriervorgang geleitet und aufgefordert die jeweiligen RAL-Kunststoffkarten in die dafür vorgesehenen Softwarefelder auf dem Bildschirm einzugeben und des Weiteren die jeweilige Kalibrierkarte in die dafür vorgesehene Öffnung der Kalibrierkartenaufnahmeeinheit zu schieben. Dieser Vorgang muss für alle vorgesehenen RAL-Kunststoffkarten wiederholt werden. Es ist nicht erforderlich, den Kalibriervorgang vor jeder Messung zu wiederholen, jedoch ist es ratsam, nach Hinzufügen weiterer Rezyklatproben, deren Farben noch nicht durch die verwendeten Kalibrierkarten abgedeckt werden, einen, um diese Kalibrierkarten erweiterten Kalibriervorgang durchzuführen.
Farbmessung von Rezyklatproben
Nach erfolgreicher Kalibrierung muss zur Farbmessung von Kunststoff-rezyklaten noch die Rezyklataufnahmeeinheit an die Kalibrieraufnahme-einheit angeflanscht werden. Dazu muss zuallererst die evtl. noch in der Kalibrieraufnahmeeinheit vorhandene RAL-Kunststoffkarte entfernt werden. Nach dem Öffnen des Pelletsprobenbehälters, die Pellets vollständig in den Trichter schütten und den leeren Probenbehälter unterhalb der Rezyklataufnahmeeinheit in der dafür vorgesehenen Vertiefung platzieren.
Im Folgenden sollen pastellblaue Rezyklatproben farblich gemessen werden. Diese Proben ähneln der RAL-Kunststoffkarte RAL 5024-P, die auch zur Kalibrierung des Laborfarbmesssystems verwendet wurde. Die Referenzkarte (Kalibrier-karte) muss dabei farblich nicht zwingend exakt mit der Rezyklatprobe übereinstimmen, dennoch wird die Genauigkeit des Messsystems erhöht, wenn zur Kalibrierung RAL-Kunststoffkarten Verwendung finden, die sich farblich zumindest in der Nähe der Rezyklatproben bewegen. Im nächsten Schritt werden die Pellets aus dem Probenbehälter vollständig in die Rezyklataufnahmeeinheit gefüllt. Nachdem sich das Rezyklat nun in Position befindet, kann mit dem eigentlichen Messvorgang gestartet werden. Dazu wird in der Windows®-Software SPECTRO3 MSM DOCAL Scope V1.0 der Menüpunkt TEACH aufgerufen. Die L*a*b*-Farbwerte der Pelletsprobe können nun in der TEACH-Tabelle hinterlegt werden. Im Falle der pastellblauen Rezyklatprobe ergibt sich ein Farbwert von L* = 61.69, a* = -7.22, b* = -20.24.
Neben den aktuellen L*a*b*-Farbwerten werden nun in der Software auch die Farbabweichungen dL*, da*, db* zur eingelernten Referenz angezeigt. Zusätzlich wird die Gesamtfarbabweichung im Farbraum dE numerisch angezeigt. In den Graphiken ist die Position des aktuellen Farbwertes sowie der eingelernten Referenzen (aus der TEACH-Tabelle) aus drei verschiedenen Blickwinkeln (a*b*, a*L* und b*L*) zu sehen. Ein Wechsel zum Menüpunkt DOCU bringt uns auf die Windows®-Oberfläche, auf der die einzelnen Messungen zu sehen sind und des Weiteren die Labels sowie die Files zur Ablage der Farbmesswerte erstellt werden.
Im rechten Ausschnitt der Windows®-Oberfläche werden die letzten 100 Messungen angezeigt, vielmehr die Abweichungen in L*, a* und b* zur eingegebenen Referenz in der TEACH-Tabelle, somit die dL*, da* und db*-Werte. Im linken Ausschnitt der Windows®-Oberfläche kann eine Datei, in der die Messdaten abgespeichert werden sollen, definiert werden.
Ferner kann die Beschriftung des Etiketts festgelegt werden. Dazu dient Zeile 1 und optional Zeile 2. Zeile 2 kann aber auch zur Ausgabe vom aktuellen Datum und der Uhrzeit genutzt werden. Das Etikett wird durch Anklicken des „PRINT DOCUMENTATION DATA“-Buttons erstellt.
Nach Abschluss der Messreihe kann die erstellte Datei „RecordFile_PASTEL_BLUE_RECYCLATE_038_II.dat“ beispielsweise mit Microsoft Excel geöffnet werden:
Fazit
Mit zunehmendem Anteil von Rezyklaten in den Verpackungen steigen auch deren Qualitätsanforderungen. Die Konstanz der Farbe von Rezyklaten spielt dabei eine immer wichtigere Rolle. Eine verlässliche Ermittlung der Farbe wird in erster Linie durch die richtige Messmethode, einen im Verhältnis zur Korngröße angepassten Messfleck sowie den gleichbleibenden Abstand zwischen Rezyklat und Sensorik erreicht. Durch das automatische Aufzeichnen der Messdaten erfolgt eine quasikontinuierliche Produktkontrolle, ferner ermöglicht die graphische Trendanzeige der Farbwerte ein schnelles Eingreifen im Bedarfsfall.