Magnetische Drehgeber mit Genauigkeitswerten von optischen Encodern
Contelec: Sie sind etabliert, erprobt, in unterschiedlichsten Ausführungen und Genauigkeitsklassen erhältlich und aus zahlreichen Anwendungsbereichen nicht mehr wegzudenken: magnetische Drehgeber. Nun setzen sie an zum Sprung in neue Leistungsklassen, denn sie weisen Genauigkeitswerte auf, die bisher optischen Encodern vorbehalten waren.
Moderne magnetische Drehgeber erlauben selbst bei schwierigsten Umgebungsverhältnissen präzise Winkelmessungen. So sind beispielsweise magnetische absolute Drehgeber mit Auflösungen bis 12 Bit und Wiederholgenauigkeiten bis 0,1 % erhältlich; ebenso Winkelsensoren mit Linearitätswerten bis ±0,1 % über den gesamten Messbereich von 360°. Kleinste Abmessungen, unterschiedliche Schnittstellen, hohe Resistenz gegenüber mechanischen Einflüssen sowie hohe Immunität gegenüber Umweltfaktoren wie Feuchtigkeit und Staub sind weitere Aspekte, die den Geräten in den letzten Jahren zur Marktdurchdringung verholfen haben. Doch aller Begeisterung zum Trotz: Einige Anwendungen sind hinsichtlich Auflösung und Genauigkeit derart anspruchsvoll, dass die bisher erreichten Spezifikationen nicht ausreichen. Ist dies der Fall, kommen optische Encoder zum Einsatz. Deren physikalische Leistungsmerkmale sind aber vergleichsweise bescheiden. Umweltfaktoren wie Feuchtigkeit, Betauung, Staub, Vibration oder Schock machen ihnen zu schaffen.
Barrieren aufbrechen
Um diesem Problem zu begegnen, sind Hersteller von Drehgebern gefordert, die Vorzüge beider Welten in einem System zu vereinen. Diesem Anspruch wird nun die neueste Generation der „Vert-X“-Produktfamilie von Contelec gerecht. Deren Spezifikationen gehen weit über die bisheriger magnetischer Drehgeber hinaus und sie lassen sich gut und gerne mit jenen optischer Absolut-Encoder vergleichen. So erreichen die auf dem magnetischen Messprinzip basierenden Systeme Linearitäten von ±0,015 %, Wiederholgenauigkeiten von ±0,01 % sowie ein Signal-Rausch-Verhältnis (SNR) von etwa 80 dB. Möglich wurden derartige Werte nicht nur durch die Optimierung des Messverfahrens selbst, sondern auch durch das Zusammenspiel beziehungsweise die gegenseitige Abstimmung sämtlicher Einflussgrössen wie Materialeigenschaften, Sensoraufbau und Umweltfaktoren. Um dies zu ermöglichen, basieren die neuen Contelec-Drehgeber auf einer modularen Grundstruktur sowie auf der Integration einer leistungsfähigen und flexiblen Prozessoreinheit (MCU).
Nah an physikalischen Grenzen
Dass aufgrund der erreichbaren Drehgeber-Genauigkeit von ±0,05 % sämtliche Einflussgrößen berücksichtigt beziehungsweise optimiert werden müssen, liegt auf der Hand. So sind etwa Faktoren wie Temperatur und mechanische Toleranz (beispielsweise bei Vibrationen) resultatbestimmende Größen. Der Temperatureinfluss beträgt beispielsweise rund 5 ppm/K. Selbst die magnetische Hysterese wird bei der nun erreichten Genauigkeitsstufe relevant. Sie entsteht durch die Ausrichtung der Atome im Drehgeber-Metallgehäuse durch das Magnetfeld. Bei einer Richtungsänderung beziehungsweise Rückdrehung erfolgt die Neuausrichtung der Atome mit einer gewissen Trägheit, was zu verfälschten Messresultaten von bis zu ±0,01 % führt. Aufgrund der heute gegebenen Möglichkeit, die magnetische Hysterese zu messen, kann bereits bei der Wahl von Materialien und Architektur vorgebeugt werden. Ebenfalls einen nicht zu vernachlässigen Einfluss übt das Erdmagnetfeld aus. Es verursacht einen konstanten, von Gehäuse, Einbau und Orientierung des Drehgebers abhängigen Offset. Dessen Ausgangssignal kann die Drehgeber-Genauigkeit mit bis zu ±0,01 % beeinflussen. Die Linearität von ±0,015 % sowie die erreichbare (Wiederhol-) Genauigkeit des Messsystems von ±0,01 % sind weitere Grössen, die sich auf die Drehgeber-Genauigkeit auswirken. Derartige Werte lassen sich nicht zuletzt aufgrund des integrierten Microcontrollers erreichen, der die präzise Kalibrierung des Drehgebers erlaubt.
Hohe Flexibilität dank MCU
Die Integration einer leistungsfähigen Mikroprozessoreinheit dient nicht nur dem Erreichen dieser Leistungsmerkmale. Sie verschafft den Drehgebern auch zahlreiche weitere Features. Dazu gehört etwa die Möglichkeit, beinahe beliebige Schaltfunktionen zu integrieren, die beim Erreichen einer bestimmten Kondition (beispielsweise Winkel) entsprechende (Schalt-)Signale auslösen. Dabei lässt sich selbst die Steilheit der Signalflanke definieren beziehungsweise programmieren. Auch die Programmierung kundenspezifischer Kennlinien sowie die Integration sämtlicher denkbarer Schnittstellen und Übertragungsprotokolle ist möglich. Ob winkelspezifische Spannungsoder Stromwerte, ob Schnittstellen wie CANopen, PWM, SPI oder Incremental (A, B, Z) – die einfache Programmierbarkeit der Drehgeber eröffnet bisher undenkbare Möglichkeiten.
Flexibilität in der Praxis
Illustrieren lässt sich die gewonnene Flexibilität anhand einer Anwendung im Schiffsbau, bei der der Schiffsantrieb beziehungsweise die Steuereinheit mit präzisen Drehgebern bestückt sind, die ihrerseits via CANopen mit der zentralen Steuereinheit kommunizieren. Bisher gelangte dabei ein proprietäres CAN-Protokoll zur Anwendung, bei dem der Overhead des standardisierten CANopen-Protokolls reduziert wurde. Abweichende Bedürfnisse jedoch erforderten den Einbau abgewandelter Komponenten.
Dank der MCU-basierten Drehgeber-Plattform lassen sich nun wahlweise unterschiedlichste Schnittstellen und Protokolle flexibel mit ein und demselben Sensor realisieren: Einerseits das CAN open-Protokoll, auf dessen Basis der Sensor zertifiziert ist; anderseits kundenspezifische Protokolle, die ganz auf die individuellen Anforderungen einzelner Anwendungen ausgerichtet sind. Von dieser Flexibilität profitieren international ausgerichtete Firmen, deren Produkte den Bedürfnissen der jeweiligen geografischen Region angepasst werden müssen. Diese Individualisierung lässt sich heute auf Basis einer flexiblen Drehgeber-Plattform realisieren, was die Kosten für kundenspezifische Ausführungen entscheidend reduziert.
Meilenstein gesetzt
Mit der Lancierung der neuesten Vert-X-Generation weisen magnetische Drehgeber erstmals Genauigkeitswerte auf, die bisher optischen Encodern vorbehalten waren. Darüber hinaus ermöglichen sie aufgrund ihrer flexiblen Architektur sowie der integrierten Prozessoreinheit eine kostengünstige Individualisierung hinsichtlich Kennlinien, Schnittstellen, Protokollen sowie spezifischen Kundenfunktionen. Darüber hinaus lassen sie sich den individuellen Gegebenheiten entsprechend kalibrieren. Werden diese Konfigurationsmassnahmen heute vorwiegend im Herstellerwerk ausgeführt, wird zukünftig auch eine „In-Field-Programmierung“ möglich sein. Diese erlaubt beispielsweise das Laden neuer Firmware, die Vor-Ort-Konfiguration oder die Adaption des Drehgebers an spezifische Bedürfnisse. Ein weiterer Gewinn an Flexibilität steht folglich vor der Tür.